Tippelei – Zeit der traditionellen Wanderschaft
Zum unterhaltsamen „Nachmittagscafé“ begrüßte die Vorsitzende, Hannelore Minwegen, an diesem Tage 72 Landfrauen. Frau Annika Perlmann, Zimmermeisterin, aus dem südöstlichen Schleswig-Holstein wurde von allen mit Neugierde erwartet.
Frau Perlmann, nicht auf den Mund gefallen und unternehmungslustig, verspürte das Bedürfnis nach Beendigung ihrer Lehrjahre in 2004 die große, weite Welt kennen zu lernen. Sie entschied sich vier Jahre und einen Tag auf der Walz fremde Länder zu begehen. Unterwegs war sie in Westeuropa, Kanada, Grönland und Australien.
Die Referentin kam in traditioneller, schwarz-weißer Zimmermannskluft. Diese kostet etwa 1.000 Euro und besteht aus Hut, Hose, Jacke und Weste, dem Carly und dem Stenz. Das Carly ist das zur Rolle geschnürte Tuch, in dem Gesellen auf der Walz ihre Habseligkeiten verwahren. Der Stenz ist der Wanderstab. Sechs Perlmuttknöpfe an der Jacke stehen für die wöchentlichen Arbeitstage, acht Knöpfe an der Weste für die täglichen Arbeitsstunden.
Bis 1871 war es Pflicht, auf Wanderschaft zu gehen, um anschließend den Meisterbrief zu erhalten, berichtete Frau Perlmann. In der heutigen Zeit gibt es nicht mehr viele Wandergesellen. In 2010 waren es nur noch 450 Menschen, da kaum noch junge Leute auf die Annehmlichkeiten der Zivilisation verzichten wollen.
Das Geld zum Leben auf der Walz wird durch Arbeit unterwegs verdient. Übernachtet wird unter freien Himmel oder auch einmal im Hotel. Sie habe nur gute Erlebnisse gehabt und freundliche Menschen getroffen. Lediglich das Ritual des Nagelns habe Eindruck hinterlassen. Das Loch für den Ohrring im linken Ohrläppchen wurde ihr, so will es der Brauch, von einem Zimmermann mit dem Nagel geschlagen. Die Wunde wurde innerlich wie äußerlich mit Schnaps desinfiziert.
Ein sehr interessanter und unterhaltsamer, über zweistündiger Vortrag, mit vielen Eindrücken einer langen Wanderschaft.